Gastblog von Schlafexpertin Lise Dullaerts von @debabyslaapcoach
Rund um den Schlaf von Babys ranken sich zahlreiche Mythen und Legenden. Einige davon halten sich bis heute hartnäckig. In diesem Blogbeitrag möchten wir mit ein paar Mythen aufräumen und sie nach bestem Wissen und Gewissen widerlegen. Los geht‘s:
Mythos: „Dein Baby schläft besser, sobald es feste Nahrung zu sich nimmt.“
Die Realität:
Es gibt keine Belege dafür, dass feste Nahrung zu längeren Schlafphasen führt. Allerdings lässt sich beobachten, dass die Schlafzyklen von Babys im Alter von 6–8 Monaten allmählich länger werden. Das hat jedoch eher biologische Gründe und hängt nicht mit der Ernährungsweise zusammen.
Mythos: „Hör auf zu stillen, mit Pre-Nahrung schläft dein Baby besser durch.“
Die Realität:
Über 80 Prozent der Babys im Alter von 6 bis 18 Monaten wachen pro Nacht 1–3-mal auf, weil sie Hunger haben.
Früher dachte man, dass Säuglingsanfangsnahrung besser Nährwerte hat. Das stimmt jedoch nicht. Pre-Nahrung oder Folgemilch ist modifizierte Kuhmilch, die so verarbeitet wird, dass sie dieselbe Menge an Fett, Proteinen, Kohlenhydraten und Vitaminen enthält wie Muttermilch. Allerdings fehlen der Ersatzmilch all die anderen wertvollen Inhaltsstoffe der Muttermilch.
Häufig hört man, Säuglingsanfangsnahrung sei schwerer und nicht so leicht verdaulich. Dieser Glaube hält sich hartnäckig, weil Säuglingsnahrung früher einen höheren Anteil des Milcheiweißes Kasein enthielt, das in der Tat schwerer verdaulich ist. Dies ist heute jedoch nicht mehr der Fall.
Untersuchungen haben gezeigt, dass Babys, die Ersatzmilch erhalten, nicht länger schlafen oder seltener aufwachen als Babys, die gestillt werden. Es wurde kein Unterschied in Bezug auf das Aufwachen oder die Häufigkeit des nächtlichen Stillens festgestellt.
Siehe auch: 7 Geheimnisse für friedlich schlafende Babys
Mythos: „Dicke die Milch an oder gib deinem Baby nach dem Stillen noch ein Fläschchen, dann schläft es durch.“
Die Realität:
Research shows that thickening milk does not affect a young child's ability to sleep through the night. Introducing solid foods, thickening of the milk or an extra bottle when breastfeeding are by no means sleep aids.
Mythos: „Wenn dein Baby tagsüber kein Nickerchen macht, kann es nachts besser schlafen.“
Die Realität:
Diesen Mythos hört man wohl am häufigsten. Aber das Baby tagsüber nicht schlafen zu lassen hat keinesfalls den gewünschten Effekt. Im Gegenteil: Zu lange Wachphasen führen zu Erschöpfung. Dies erschwert nicht nur das Einschlafen, sondern auch das Durchschlafen. Auch wenn es nicht auf Anhieb einleuchtet: Babys brauchen tagsüber ausreichend Schlaf, um auch nachts besser schlafen zu können.
Mythos 5: „Lass dein Baby schreien. So lernt es, sich selbst zu beruhigen, und schläft anschließend besser.“
Die Realität:
Die „Schreien-lassen“-Methode ist ein umstrittener Ansatz, für den es keine wissenschaftlichen Belege gibt. Und eine Universallösung ist sie schon gar nicht. Es ist wichtig, dass du auf die Bedürfnisse deines Babys reagierst und es tröstest und beruhigst. Einschlafmethoden, bei denen die Begleitung durch die Eltern langsam schrittweise reduziert wird, erzielen oft bessere und langfristigere Erfolge. Verschiedene Studien haben belegt, dass Babys noch nicht zur Selbstregulation in der Lage sind. Dies ist frühestens ab einem Alter von 6 bis 8 Monaten möglich. Außerdem wurde gezeigt, dass Weinen ohne die Anwesenheit eines Elternteils für Babys und Kleinkinder großen Stress bedeutet. Und Stress beeinträchtigt wiederum die Schlafqualität, die frühkindliche Entwicklung insgesamt und die Entwicklung des Gehirns. Lässt man ein Baby einfach schreien, wird es irgendwann tatsächlich aufhören zu weinen und einschlafen – allerdings aus reiner Erschöpfung. Bei diesen Babys und Kleinkindern wurden konsistent erhöhte Cortisol-Spiegel festgestellt.
Das Stresshormon erschwert das Einschlafen, führt zu früherem Aufwachen, mehr Weinen und mehr Unruhe.
Siehe auch: Schreibaby? Das kann helfen.
Mythos: „Lass dein Baby bei Tageslicht schlafen, sonst kannst du es nirgendwohin mitnehmen.“
Die Realität:
Es wird allgemein empfohlen, Babys bis zum Alter von mindestens 6 Monaten unter Aufsicht schlafen zu lassen. Das bedeutet aber nicht bei Tageslicht! Das Schlafhormon Melatonin kann unser Körper nur im Dunkeln produzieren. Daher ist es nur logisch, dass ein Baby in einem hellen Zimmer nicht so gut schlafen kann. Hier liegt ein biologischer Prozess zugrunde, man kann einem Kind nicht „beibringen“ im Hellen zu schlafen. Du musst dir auch keine Sorgen machen, dass du den natürlichen Tages- und Nacht-Rhythmus durcheinander bringst. Dieser entwickelt sich ganz von selbst und das Abdunkeln des Schlafzimmers am Tag hat darauf keinerlei Auswirkungen.
Viele Babys und Kleinkinder fühlen sich wohler, wenn ein Nachtlicht oder eine kleine Lampe brennt und das Zimmer nicht stockdunkel ist. Es nimmt ihnen Ängste, beruhigt sie und erleichtert ihnen das Einschlafen, auch wenn sie zwischendurch wach werden. Das Licht darf aber nicht zu hell sein oder gar stimulierend wirken – rotes Licht hat beispielsweise eine beruhigende Wirkung.
Siehe auch: 5 Tipps: Schlafen auf Reisen
Mythos: „Ab einem bestimmten Alter schlafen Babys nachts durch.“
Die Realität:
Jedes Baby ist anders und das Schlafverhalten ist so individuell wie dein Kind. Bei einigen Babys werden ab einem bestimmten Alter die Schlafphasen länger, während andere etwas länger brauchen, um einen konsistenten Schlafrhythmus zu finden. Bleib realistisch und geduldig, während dein Kind seine eigene Schlafroutine entwickelt. Ob Babys oder Kleinkinder nachts durchschlafen, hängt von vielen Faktoren ab: der Fähigkeit zur Selbstregulation, dem Bedürfnis nach der Nähe der Eltern, Krankheit, Entwicklungsschübe, Zahnen, Hunger, zu wenig oder zu viel Schlaf am Tag, Schlafumgebung, Assoziationen mit dem Schlafengehen und so weiter.
Siehe auch: Warum schläft mein Kind nicht richtig durch?
Mythos: „Wenn dein Baby nachts wach wird, hat es Hunger.“
Die Realität:
Hunger kann zwar eine der Ursachen sein, weshalb dein Baby aufwacht, aber es ist nicht die einzige. Tatsächlich ist es sogar der seltenste Grund, aus dem Babys und Kinder nachts wach werden. Viel häufiger sind andere Ursachen wie Unwohlsein, Regulationsstörungen, Bedürfnis nach körperlicher Nähe, Bedürfnis nach Trost/Beruhigung, Entwicklungsphasen und so weiter.
Mythos: „Zum Schlaftraining gehören immer längere Phasen, in denen das Baby weint.“
Die Realität:
Früher wurden im Schlaftraining tatsächlich Methoden angewendet, bei denen man das Baby alleine weinen ließ. Oder es wurde „kontrolliertes Schreienlassen“ empfohlen, die sogenannte Ferber-Methode. In den letzten Jahren haben Untersuchungen jedoch ergeben, dass Babys sich sicher und geborgen fühlen müssen und gut reguliert sein müssen, um einschlafen zu können. Diese Grundbedürfnisse können nur erfüllt werden, wenn Eltern ihr Baby regulierend unterstützen (Co-Regulation). Zum Glück gibt es heute diverse Einschlafmethoden, die auf die Bedürfnisse eingehen, die ursächlich für das Weinen sind, so dass das Kind zur Ruhe kommt, sich sicher fühlt und gut reguliert wird. Bei diesen sanften Ansätzen sind Körpernähe, Blickkontakt und Kommunikation durch die Eltern wichtig. Und wenn dein Kleines so weit ist, kannst du dich mit der Zeit schrittweise zurückziehen. Das Wichtigste aber ist, dass du den Ansatz findest, der zu dir und den Bedürfnissen deines Kindes passt.
Siehe auch: Warum der circadiane Rhythmus so wichtig für guten Babyschlaf ist